“Ahh, wundervoll”, seufzte Kaylee und Inara konnte nicht anders, als zu lächeln.
Sie lächelte überhaupt sehr viel, wenn sie in Kaylees Gegenwart war. Etwas an deren Sonnenschein-Gemüt und immerwährender Fröhlichkeit macht es Inara überaus schwer, sich nicht davon anstecken zu lassen. "Sie riechen gut, nicht wahr?"
Es war eine plötzliche Idee gewesen, pure Intuition, aber anscheinend hatte sie Kaylee richtig eingeschätzt, denn diese hatte genießerisch die Augen geschlossen und sog den Duft, der den Blumen entströmte, in sich auf. "Himmlisch." Sogar Kaylees Stimme klang verträumt und Inara genoss den Anblick.
Ein Blumenstrauß war keine große Sache, dachte Inara, doch hier draußen, auf den wilden Planeten abseits der Allianz … Inara hatte schon gemerkt, dass das Leben hier rauer war.
Frisches Obst und Gemüse gab es so gut wie gar nicht, man ernährte sich von synthetischen Lebensmitteln, in denen Proteine, Vitamine und sonstige Nahrungsergänzungsmittel komprimiert waren, die einen mit dem Nötigsten versorgten, um gesund zu bleiben, und nur bei besonders geschickter Zubereitung einigermaßen schmeckten. Wann immer Inara die Gelegenheit hatte, an richtige Nahrung zu kommen, wenn sie einmal mit ihrem Shuttle bei einem Kunden in den besseren Gegenden war, nutzte sie sie. Dem Boden der terrageformten Randplaneten genug Pflanzen zu entlocken, um die Bevölkerungen zu ernähren, war schwierig genug, sodass man sich kaum darum kümmerte, dass zusätzlich auch Schnittblumen wuchsen, die das Auge erfreuten.
Wenn man Blumen wollte, musste man versuchen, sich durch Dornengestrüpp zu schlagen, um hier und da einmal eine Wildblume zu finden, zumindest war dies der abschreckende Eindruck, den Inara bei einem der seltenen Male, dass sie die Serenity verließ, wenn das Schiff auf einem der am wenigsten kolonialisierten Planeten landete, gewonnen hatte. Also hatte sie diesmal die Gelegenheit genutzt, auf einem zivilisierten Planeten zu sein, um Kaylee einen schönen, frischen Blumenstrauß mitzubringen. Sie hatte gedacht, dass es ihr gefallen würde, aber dass sie so begeistert war?
Inara konnte ihren Blick kaum von Kaylees genießerischem Gesicht abwenden. Wie konnte man nur so schön sein, so bewundernswert und hinreißend darin, einfach nur man selbst zu sein? Bei anderen würde diese ständige gute Laune, dieses Sonnenscheingemüt, vermutlich bald anstrengend werden, doch Inara wurde nicht müde, Kaylee zu bewundern und sich an jeder Sekunde ihrer Gegegenwart zu erfreuen.
“Danke”, hörte sie Kaylees Stimme und spürte, wie sich deren Arme um ihren Körper legten, den Blumenstrauß hatte sie noch in der rechten Hand, sodass Inara die Blätter sanft auf ihrer Haut fühlte. Sie hatte sie gar nicht kommen sehen, anscheinend war ihre Aufmerksamkeit ein wenig, nunja, zerstreut gewesen.
Nur zu gerne umarmte auch Inara Kaylee. Es fühlte sich gut an – Inara mochte es, Kaylee so nahe zu sein, ihre Arme zu spüren, und deren Brüste, die sich an ihren Überkörper drückten.
“Du bist wundervoll”, hörte sie Kaylees leise Stimme und war sich gar nicht so sicher, ob sie das richtig verstanden hatte, aber sie reagierte, indem sie Kaylee noch ein wenig fester in ihre Arme schloss und ihr über den Rücken streichelte. Mit ihrem Körper spürte sie, wie sich Kaylees Brustkorb beim Atmen bewegte, und wenn sie ganz aufmerksam war … war das ihr Herzschlag? Der Blumenduft trat in ihre Nase. Ach, war das schön.
“Ich gebe dir eine Vase dafür”, sagte sie letztlich und löste sich sanft aus der Umarmung, obwohl sie kaum etwas lieber getan hätte, als Kaylee weiter so zu halten. “Sonst werden sie welk, und das wollen wir doch vermeiden, oder?” Sie zwinkerte Kaylee zu, die sie mit großen Augen ansah, verträumt blinzelte und schließlich nickte.
Inara stand auf und ging zu einem niedrigen Schrank in der Ecke, wo sich ihre Ambiente-Utensilien befanden. Ihre Haut war seltsam leer, so ohne Kaylees Nähe; nicht, dass Inara fror, schließlich war hier immer ausreichend geheizt – nur fehlte irgendetwas. Sie kniete sich hin, öffnete die Tür, nahm die Vase in beide Hände und begutachtete sie von allen Seiten.
Es war ein schön gearbeitetes Stück mit chinesischen Motiven, wie sie auf der alten Erde wohl beliebt gewesen waren, in einem Stil, dem man heute selten begegnete, weil er wohl gerade nicht in der Mode war. Schade, denn es war geschmackvoll, es hatte eine warme, offene Schönheit. Wie Kaylee, aber eigentlich war das ein Vergleich, den Inara nicht gerne machte und gleich wieder verwarf. Wie konnte man Kaylee mit dem toten Stück Stein vergleichen, das die Vase war?
Sie war viel eher wie der Blumenstrauß, bunt und schön und duftend, ein Stück Natürlichkeit und Freundlichkeit in den eisigen Weiten des Weltalls. Inara lächelte. Ja, das traf es eher. Sie stellte sicher, dass die Vase keinerlei Beschädigungen oder offensichtliche Gebrauchsspuren zeigte und schloss den Schrank wieder und stand, die Vase sicher in den Händen, auf.
Sie warf Kaylee einen flüchtigen Blick zu, als sie zu ihrer Waschecke ging, blieb dann aber doch stehen. Kaylee hatte den Blumenstrauß wieder an ihr Gesicht erhoben und sog den feinen Geruch mit geschlossenen in sich auf, einen so friedlichen, sanften, genießerischen Ausdruck auf ihrem Gesicht, dass Inara ein leises Seufzen entkam.
Bevor sie Kaylee damit jedoch stören konnte, riss sie sich doch los und füllte die Vase mit ausreichend Wasser, um sich dann gegenüber von Kaylee hinzuknien. Es störte sie nicht, ganz im Gegenteil, einfach so sitzen zu bleiben und Kaylee anzuschauen. Sie wollte nicht sprechen, wollte diesen schönen Moment nicht unterbrechen. Sie hatte geahnt, dass Kaylee schöne Dinge zu schätzen schien, sogar, dass sie die Natur mochte. Dieser Ausdruck von Genuss auf ihrem Gesicht war allerdings eine Überraschung, und zwar eine sehr schöne. Eine, die Inara gerne einmal wiederholte …
Kaylee schlug die Augen auf und Inara lächelte sie an. Sie nahm ihr sanft die Blumen aus der Hand, drapierte sie in der Vase und reichte die Vase mit beiden Händen, sich leicht nach vorne lehnend, wie ein Geschenk an Kaylee. “Nimm sie zu dir in den Maschinenraum, oder in dein Quartier, wie du möchtest.”
Kaylees Hände berührten die von Inara, als sie die Vase an sich nahm. “Ich nehme sie in den Maschinenraum”, sagte sie, “dann duften sie dort fein und ich denke immer an dich, wenn ich dort bin.” Soweit Inara wusste, war Kaylee häufig dort.